Alexei Sawrassow „Die Saatkrähen sind zurück“ (Öl auf Leinwand, 1871, 62 cm x 48,5 cm, Tretjakow-Galerie, Moskau)
Alexei Sawrassow „Die Saatkrähen sind zurück“ (Öl auf Leinwand, 1871, 62 cm x 48,5 cm, Tretjakow-Galerie, Moskau)

 

Berlin – Die russische Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts stellt ein kunsthistorisches Phänomen ersten Ranges dar. Die Künstlerschaft eines zuvor in der Malerei wenig aufgefallenen Landes entdeckte die Liebe zur heimischen Landschaft und entwickelte in kurzer Zeit eine Höhe, die international problemlos mithalten konnte. Einer der Großen dieser Epoche war der heutige Protagonist unserer biografischen Reihe.

 

Geboren wurde Alexei Kondratjewitsch Sawrassow (russisch: Алексей Кондратьевич Саврасов, englische Umschrift: Alexei Kondratyevich Savrasov) 1830 in Moskau; der Vater war Kaufmann. Das Talent für Zeichnung und Malerei war früh ersichtlich, und bereits 1838(44?) soll er an der Moskauer Hochschule für Malerei, Bildhauerei und Architektur als Schüler des Architekturmalers Professor Karl Rabus aufgenommen worden sein; seinen Abschluß machte er dort entsprechend schon 1850.

 

In jener Zeit stand für ihn die Landschaft als bevorzugtes Sujet bereits fest. Dabei bemühte er sich, sich von der akademischen Malweise zu lösen und die Landschaft mehr seinem individuellem Empfinden nach wiederzugeben. Eine Reise in die Ukraine 1852 führte zu einer Serie von Steppengemälden.

 

1854 lud ihn die Großfürstin Maria Nikolajewna, Präsidentin der Russischen Kunstakademie, nach Sankt Petersburg ein. Von dort erkundete er die nahegelegenen finnischen Landschaften malerisch. 1857 erhielt er eine Lehrstelle an der Moskauer Schule für Malerei, Bildhauerei und Architektur.

 

Mehrere seiner Schüler sollten selbst bedeutende Maler werden, genannt seien vor allem Isaak Lewitan und Konstantin Korowin; beide sollten sich später mit großer Dankbarkeit und Verehrung an ihren einstigen Lehrer erinnern.

 

Ebenfalls 1857 ehelichte er Sophia Karlowna Hertz, die Schwester des Kunsthistorikers Karl Hertz. Das Haus des Ehepaars wurde fortan zu einem beliebten Treffpunkt der Kunstwelt. Ein häufiger Gast war der Sammler und Mäzen Pawel Tretjakow, später Begründer der Tretjakow-Galerie, und der Maler Wassili Perow wurde zu einem der engsten Freunde Sawrassows.

 

In den 1860er Jahren führten ihn Reisen zur Weltausstellung nach England sowie in die Schweiz. Die Landschaftsmalerei des Engländers John Constable sowie die des Schweizers Alexandre Calame hinterließen dabei einen bleibenden Eindruck.

 

1870 schloß er sich der Gruppe realistischer Landschaftsmaler der Peredwischniki an, was gleichzeitig die Abkehr von der akademischen Malerei unterstrich. Sein 1871 entstandenes Gemälde „Die Saatkrähen sind zurück“, unser Titelbild, gilt als Meilenstein. Das betont einfache Motiv steht beispielhaft für den Übergang vom Winter zum Frühling. Gesprochen wurde von „lyrischer Landschaftsmalerei“, später von „Stimmungslandschaften“.

 

1871 verstarb jedoch Sawrassows Tochter, der Beginn einer schweren persönlichen und künstlerischen Krise, welche den Maler immer öfter zum Alkohol greifen ließ. 1882 verlor er deshalb seine Lehrstelle, und alle Versuche von Familie und Freunden, ihm wieder auf die Beine zu helfen, scheiterten.

 

Zwar entstanden noch bis Mitte der 1890er Jahre immer wieder bemerkenswerte Bilder, doch der Untergang war nicht mehr aufzuhalten. Seine letzten Jahre verbrachte er als Obdachloser, und als er 1897 in Moskau beigesetzt wurde, sollen lediglich der Pförtner der Malschule und Pawel Tretjakow anwesend gewesen sein. Auf dem Grabstein sind die Worte seines Schülers Isaak Lewitan zu lesen: „Sawrassow hat die russische Landschaft geschaffen, und dieses unbestrittene Verdienst wird in der russischen Kunst nie vergessen werden.“

 

Verweise:

http://www.zeno.org/Kunstwerke/A/Sawrassow,+Alexej+Kondratjewitsch

https://www.freeart.com/gallery/s/savrasov/savrasovbio.html

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