Berlin – Ihr Leben war kurz, ihr Schaffen, welches Gemälde und Dichtungen umfaßte, überschaubar. Doch war die Engländerin Anne Killigrew in ihrer Zeit, dem späten 17. Jahrhundert, eine bemerkenswerte Persönlichkeit, und posthum wurde sie gar zu einer Legende der Kunstgeschichte. Werfen wir also einen Blick auf ihr Leben und Wirken ...
Geboren wurde sie 1660 in London, kurz vor Beginn der Restauration der Stuarts. Ihre Mutter Judith war eine gebildete Frau, welche die Laute spielte und mit Begeisterung Shakespeare las. Vater Henry war Kaplan, nebenher Verfasser einiger Gedichte und eines Theaterstückes. Die Dramatiker Thomas und Sir William Killigrew waren ihre Onkel. Zahlreiche Mitglieder ihrer Familie waren in verschiedener Weise für den Hof der Stuarts tätig.
Über Annes Ausbildung ist wenig bekannt, doch kann als gesichert gelten, daß sie in Poesie und Malerei unterrichtet wurde und ihre Familie sie dabei unterstützte; für eine junge Frau im 17. Jahrhundert auch in „höheren Kreisen“ ein noch recht unübliches Glück. Die Themen für ihre Dichtung und Gemälde holte sie aus der Bibel sowie antiker Philosophie und Mythologie, was eine gewisse Bildung in jenem Bereich nahelegt.
Es wird angenommen, daß ihre Dichtung durch zeitgenössische Kolleginnen wie Katherine Philips und Anne Finch inspiriert war, letztere war eine Dienerin der Königin Mary von Modena, welche eine entschiedene Förderin weiblicher Bildungsbestrebungen war. Ihre Dichtung galt als früh entwickelt, und kurz nach ihrem Tod an den Pocken 1685 ließ der Vater zum Gedenken eine Sammlung von 33 Gedichten veröffentlichen; erst in den letzten Jahren aber sind die Werke Killigrews wieder aufgelegt worden.
Einen guten Teil ihres Nachruhms verdankt Killigrew ihrem Dichterkollegen John Dryden, welcher ein Lobgedicht zur von ihrem Vater herausgegebenen Gedichtsammlung beitrug und sie als „die vollendete junge LADY Anne Killigrew, exzellent in den beiden Schwester-Künsten der Poesie und Malerei“ bezeichnete.
Es wird angenommen, daß Killigrew rund 15 Gemälde geschaffen hat, wobei vier als erhalten und recht sicher zugeschrieben gelten. Eine gewisse Verbreitung fanden nach Killigrew zugeschriebenen Arbeiten gefertigte Druckgrafiken, zudem bezog sie sich in ihrer Dichtung gerne auch auf das eigene malerische Schaffen.
Ihre Gemälde sind zeittypisch, wobei sie gerne Frauen darstellte und auf die Landschaften im Hintergrund besonderes Augenmerk legte. Sie war eine fähige Porträtistin; von den sicher zugeschriebenen Bildern zeigt eines die Künstlerin selbst, ein anderes James, den Herzog von York. Literarische Erwähnung fand Killigrew übrigens in „Midsummer Madness“, einer dem viktorianischen Gothic Horror zuzurechnenden Kurzgeschichte von Robert Murray Gilchrist.
Verweise:
https://www.poetryfoundation.org/poets/anne-killigrew
https://www.npg.org.uk/collections/search/person/mp50373/anne-killigrew
https://digital.library.upenn.edu/women/killigrew/biography.html