Berlin – In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es eine Blüte in der dänischen Malerei, welche zwei Hauptströmungen umfaßte. Da waren zum einen die Freilichtmaler oder Impressionisten, oft verbunden mit der Künstlerkolonie in Skagen, zum anderen gab es eine Strömung der Realisten, welche sich besonders dem Intérieur, dem Porträt und der Genremalerei verpflichtet fühlten. Viggo Johansen und Vilhelm Hammershøi wären hier zu nennen, oder eben Carl Thomsen, den wir unseren Lesern heute vorstellen möchten.
Carl Christian Frederik Jacob Thomsen kam 1847 in Kopenhagen zur Welt. Der Vater war Kammerrat. Bald nach der Geburt Carls fand er eine Anstellung in Randers, und die Familie zog dorthin, bis sie nach dem Tod des Vaters, Carl war gerade 13 Jahre alt, nach Kopenhagen zurückkehrte. Sein Bruder Vilhelm sollte sich als Linguist und Turkologe ebenfalls einen Namen machen.
Obgleich er als Kind und Jugendlicher stets ein besonderes Interesse am Zeichnen gezeigt hatte, studierte er nach der Schule zunächst Philosophie. 1866 wurde er jedoch dank der Hilfe des realistischen Malers Frederik Vermehren als Student an der Königlichen Akademie zugelassen, wo er bei Vermehren und Wilhelm Marstrand studierte. Seinen Abschluß machte er 1871 bei Marstrand. In engem Kontakt stand er mit Kristian Zahrtmann und August Jerndorff.
Ab 1869 nahm er an den Jahresaustellungen in Charlottenborg teil, im ersten Jahr mit einer Radierung, dann vor allem mit Genrebildern, die zunächst wenig Aufmerksamkeit erzielen konnten. Die aus Frankreich auch nach Dänemark ausstrahlende Lichtmalerei des Impressionismus beeindruckte Thomsen nicht sonderlich; er folgte eher klassischen Vorbildern. Der Erfolg stellte sich ab etwa 1875 ein, mit seinem Genrebild „Mutter und Tochter“, worin die Mutter ihre liebeskranke Tochter tröstet.
Er erwies sich als äußerst gefühlvoller Künstler, der alltägliche Situationen in poetischer, etwas melancholischer Weise schilderte. Seine Porträts, derer es zahlreiche gibt, sind schön, doch niemals kitschig, stattdessen von psychologischem Feingefühl geprägt.
1875/76 reiste er mit seinen Freunden Zahrtmann und Jerndorff nach Italien und verbrachte fast ein Jahr in Rom. Zurück in Dänemark heiratete er und ging mit seiner Gattin bald erneut nach Rom, wo das Paar bis zum Sommer 1877 blieb. Es entstanden eine Reihe italienischer Motive, die er noch im selben Jahr in der Heimat ausstellte.
Er reiste nun sehr ausgiebig, um sich Ausstellungen anzusehen, unter anderem nach Paris, Berlin und Wien. Obgleich er mit der Zeit auch im Ausland Anerkennung fand (so gewann er in München und Antwerpen Goldmedaillen), blieb sein ausgewogener Stil unverändert, im Wesentlichen der Tradition des Goldenen Zeitalters der Dänischen Malerei verpflichtet.
Farblich bevorzugte er entschieden die leisen, fein abgestimmten Töne, jegliche Effekthascherei lag ihm fern. Neben den Gemälden entstanden zahlreiche Illustrationen zu Periodika und Büchern, etwa von Adam Oehlenschläger, Johan Ludvig Heiberg, Steen Steensen Blicher und B.S. Ingemann. Unterricht gab er an seiner privaten Zeichenschule und an der Kunstakademie.
Sein Erfolg in Dänemark kam allmählich, aber stetig. 1887 wurde ihm die Eckersberg-Medaille verliehen, 1888 die Thorvaldsen-Medaille, 1892 wurde er zum Ritter des Ordens von Dannebrog ernannt. 1901 wurde ihm schließlich eine Professur an der Königlichen Akademie gegeben. Er starb 1912 in Kopenhagen. Sein Sohn Anton wurde ein bekannter Philosoph. Unter seinen Schülern waren Marie Krøyer, Susette Holten, Sofie Holten und Elisabeth Wandel.
Verweise:
http://www.artnet.com/artists/carl-thomsen/past-auction-results
http://runeberg.org/dbl/17/0217.html
https://da.wikipedia.org/wiki/Carl_Thomsen
https://www.mutualart.com/Artist/Carl-Thomsen/AEDAA4148872D46B/AuctionResults?