Berlin – Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hat in Dänemark mehrere Malerinnen von Rang hervorgebracht. Am bekanntesten sind vermutlich Anna Ancher und Marie Krøyer, beide mit namhaften Künstlern, Michael Ancher resp. Peder Severin Krøyer, vermählt. In jenem Umfeld bewegte sich auch unsere heutige Heldin, welche jedoch weniger zu Impressionismus und Freilichtmalerei als vielmehr zu realistischen Genreszenen neigte.
Ihr vollständiger Name lautete Anna (auch: Anne) Sophie Lorenze Petersen, geboren wurde sie 1845 in Kopenhagen, damit war sie deutlich älter als Anna Ancher und Marie Krøyer. Sie entstammte wohlhabenden Verhältnissen und hatte das Glück, wenn Frauen auch damals, nicht zuletzt wegen des möglichen Anblickes männnlicher Nacktmodelle, kaum an der Akademie zugelassen waren, eine künstlerische Ausbildung zu erhalten.
Diese begann zunächst an der Frauenschule für Industrielles Design in Kopenhagen, dann ging es nach Paris, wo sich Jean-Jacques Henner ihrer annahm. Henner, der sehr stimmungsvolle Porträts, religiöse Motive und sinnliche Akte in altmeisterlichem Chiaroscuro malte, war von Petersens Talent angetan.
Sie hatte sich zunächst vor allem mit Figurenmalerei und Porträts beschäftigt, doch entdeckte bald die Genremalerei für sich. In diesem Metier entstanden ab den frühen 1880er Jahren ihre bedeutendsten Werke, etwa unser Titelbild „Bretonisches Mädchen schaut nach den Pflanzen im Treibhaus“ (1884), „Laternenumzug“ (1885) oder auch „Gottesdienst“ (1890).
Ihre erste Ausstellungsbeteiligung war die Frühlingsausstellung in Charlottenborg 1883, wo sie sich bis 1910 mehrfach beteiligen sollte. 1889 nahm sie mit mehreren skandinavischen Malern, darunter Vertretern der Skagen-Gruppe, an der Exposition Universelle in Paris teil und 1893 an der World's Columbian Exhibition in Chicago. 1889 hatte sie die Freilichtmaler in Skagen besucht, und mehrfach bereiste sie mit ihrem Künstlerfreund Jens Ferdinand Willumsen und dessen Frau Italien.
In Kopenhagen ergab sich 1890 eine neue Möglichkeit, denn die Akademie hatte 1888 eine eigene Kunstschule für Frauen eröffnet; sie lernte dort bei Viggo Johanssen. 1891 entstand das Gemälde „Ein Abend mit Freunden“ (1891), welches kunstgeschichtlich besonders interessant ist, denn mittlerweile wissen wir, es war Petersen, welche gezielt weibliche Künstler, darunter die Malerinnen Marie Krøyer, Bertha Wegmann und Jeanna Bauck, um sich versammelte, um ihnen eine gemeinsame Stimme zu verleihen.
Die letzten Jahre waren wenig erfolgreich, jüngere Künstler konnten mehr Aufmerksamkeit erringen, und sie zweifelte an ihrem Können; zu Lebzeiten war kein Einziges der Werk Anna Petersens von einem Museum gekauft worden. Sie starb 1910 in Kopenhagen und wurde auf dem Assistens Friedhof beigesetzt.
Lange war sie in Vergessenheit geraten, und erst als 1991 die Sammlung Hirschsprung eines ihrer Gemälde erstand, begann die Wiederentdeckung einer Malerin, die zu den bedeutenden Vertretern des dänischen Realismus zu zählen ist. 2009 veranstaltete die Sammlung dann eine kleine Sonderausstellung um ihre Werke.
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