Unter den Künstlern, welche sich in der Kolonie von Pont-Aven im Umfeld zweier Pauls, nämlich Gauguins und Sérusiers, aufhielten, war Charles Filiger sicher einer der ungewöhnlichsten. Als Person blieb er ein Einzelgänger, stilistisch ging er einen eigenen Weg, der Elemente aus Volks- und Kirchenkunst verarbeitete und sich inhaltlich vorrangig mit christlicher Mystik befaßte.
Der Sohn eines Tapetenproduzenten wurde 1863 in Thann am Fuße der Vogesen geboren. Er begann zunächst ein Studium der dekorativen Künste, bevor er sich der Malerei zuwandte; diese lernte er in der privaten Académie Colarossi in Paris.
1888/89 zog er in die Bretagne und schloß sich der Künstlerkolonie von Pont-Aven an, wo sich neben Gauguin und Sérusier u.a. auch Émile Bernard, Charles Laval und Henri Moret aufhielten. Filiger ließ sich zwar von Gauguin inspirieren, bewahrte sich jedoch eine hohe Eigenständigkeit.
In den Jahren 1889 und 1890 konnte er auf dem Salon des Indépendants ausstellen, und ab 1890 erhielt er ein monatliches Gehalt von einem Mäzen, dem Grafen Antoine de La Rochefoucauld, welcher die besten Arbeiten Filigers für sich behielt und die übrigen an verschiedene Galerien vermittelte.
Nachdem sich mit dem Abschied Gauguins von Pont-Aven 1895 die Kolonie auflöste und schließlich der Graf die Förderung Filigers einstellte, geriet dieser in Armut und bekam zusehends Probleme mit Drogen und Alkohol. Seine letzte Ausstellung hatte er 1899. Er lebte, schwer alkoholkrank, an verschiedenen Orten in der Bretagne, für die meiste Zeit bei einer Hotelierfamilie, und starb 1928 in Brest, wobei sowohl von Folgen des Alkoholismus als auch von Selbstmord zu lesen ist.
Der Maler Émile Bernard, mit welchem Filiger freundschaftlich verbunden war und den er auch porträtierte, betrachtete dessen Arbeiten als Verschmelzung byzantinischer Kirchenmalerei und bretonischer Volkskunst, und André Breton, der mehrere Arbeiten Filigers erstand, sah in ihm einen frühen Surrealisten. Tatsächlich sind in seinen minimalistischen Landschaften starke Tendenzen zu Vereinfachung und Abstraktion erkennbar. Jedoch ist auch der Einfluß des gauguinschen Cloisonismus unbestreitbar.
Überliefert ist auch ein Urteil des Symbolisten Jan Verkade, der ihm in Le Pouldu begegnete: „Er produzierte sehr wenig, doch ich habe einige sehr schöne Gouachen von ihm gesehen; es sind hauptsächlich religiöse Bilder, die an byzantinische und primitive italienische Arbeiten erinnern, doch ziemlich persönlich und recht modern.“
Verweise:
http://www.persee.fr/doc/abpo_0003-391x_1963_num_70_1_2178
https://www.artnet.com/artists/charles-filiger/
https://oliviermalingue.com/artists/59-charles-filiger/biography/