Stanislaw Brusilow „Der Nebel stieg auf“ (2015, Öl auf Leinwand, 80x90cm)
Stanislaw Brusilow „Der Nebel stieg auf“ (2015, Öl auf Leinwand, 80x90cm)

Der russisch geprägte Raum hat eine gewaltige Tradition der realistischen Landschaftsmalerei. Namen von Meistern wie Ilja Repin, Isaak Lewitan oder Iwan Aiwasowski lassen das Herz von Kennern der Kunstgeschichte höherschlagen. Weniger bekannt ist, daß diese Tradition in Rußland auch heute noch lebendig gehalten wird. Einer ihrer bedeutendsten Vertreter ist der Moskauer Stanislaw Brusilow, den wir im Januar 2018 interviewten – Hier also für unsere Leser noch einmal diese Perle aus unserem Archiv!

 

Die Fragen stellte Ruedi Strese.

 

ART-DEPESCHE: Herr Brusilow, ein russischer Künstler sagte einmal zu mir, russische Maler würden heutzutage immer noch oft eine der historischen russischen Malereischulen wählen und dieser Tradition folgen. Würden Sie dem zustimmen, und, wenn ja, warum, denken Sie, ist dies so verschieden von den westlichen Ländern, wo die vormodernen Schulen heutzutage bloße Geschichte zu sein scheinen?

 

BRUSILOW: Ja, ich stimme zu. Die russische Malschule hat immer versucht, Schönheit im Einfachen zu finden und in den ewigen Dingen die jedem Menschen auf der Erde nahe sind, somit ist dieser Pfad ewig und unerschöpflich. Für die russische Schule war es immer wichtig, den Kontakt mit dem Publikum zu wahren, und die Ausstellungen realistischer Arbeiten werden immer noch von vielen Betrachtern verschiedenen Alters und Glaubens besucht. Die westliche Schule hingegen hat irgendwann auf der Suche nach Originalität sich selbst und ihre Tradition vollkommen verloren; sie existiert in Kunstgalerien, doch nicht für den Betrachter.

 

ART-DEPESCHE: Sie sagen ja ganz klar, daß Sie im Stil des klassischen Realismus malen, damit wären Sie ein Beispiel für die in der Frage zuvor zitierte Ansicht. Welche der großen historischen Künstler haben Sie am stärksten beeindruckt?

 

BRUSILOW: Den größten Einfluß auf meine Arbeit hatten die russischen Landschaftsmaler Iwan Schischkin und Isaak Lewitan sowie die westlichen Landschaftsmaler Peder Monsted und Rubens Santoro.

 

ART-DEPESCHE: Der Hauptteil Ihrer Arbeiten sind Landschaftsbilder. Was macht dieses Metier für Sie so interessant?

 

BRUSILOW: Alleine in der Natur kann man Harmonie mit der Welt und sich selbst spüren. Die ganze Eitelkeit des Lebens schwindet, und da sind nur ehrliche Gefühle und Gedanken. Ich versuche, dieses reine und helle Gefühl, welches von der Kommunion mit der Natur herrührt, durch die Bilder dem Betrachter zu vermitteln.

 

ART-DEPESCHE: Grundsätzlich scheint die Landschaftsmalerei in Rußland weit lebendiger und populärer als in Westeuropa zu sein …

 

BRUSILOW: In Rußland sind, anders als in Europa, viele abgelegene Orte erhalten geblieben, vom Menschen unberührt und unbewohnt. Viele Menschen lieben es, durch diese geschützten Gebiete zu reisen, und deshalb ist für den russischen Menschen die Natur ein großer Teil des Lebens. Fast alle Russen haben Datschen und Landhäuser, welche sie an Wochenenden und in den Ferien zu besuchen lieben; sie bevorzugen diese gegenüber Reisen nach Europa, und viele meiner Bilder erinnern die Betrachter und Besucher meiner Ausstellungen an Orte, die ihrem Herzen und ihrer Seele nahe sind.

 

ART-DEPESCHE: Wie schaffen Sie Ihre Bilder, wie ist Ihre Arbeitsweise? Malen Sie oft unter freiem Himmel?

 

BRUSILOW: Der Hauptteil meiner Arbeit geschieht vor Ort. In der Natur schreibe ich, male kleine und große Bilder. Oft sammele ich in Skizzen und Zeichnungen Material für große Landschaftsgemälde, welche in einer langen Zeit im Atelier gemalt werden.

 

ART-DEPESCHE: Wie ist Ihre Beziehung zu der Natur, die Sie malen? Und wie sehen Sie das Verhältnis zwischen Natur und Kunst?

 

BRUSILOW: Ich liebe und verehre die abgebildete Natur aufrichtig. Landschaftsmaler hatten stets einen feinen Sinn für die Farben und Stimmungen der Natur. Sie sind in der Lage, Schönheit in den schlichten Teilen der Natur zu sehen und einfache Dinge zu bewundern – das Spiel von Licht und Schatten auf dem Laub der Bäume, den Wind auf der Oberfläche des Flusses, die Schönheit der Wolken und die Farben der Sonnenuntergänge und Sonnenaufgänge.

 

ART-DEPESCHE: In welchen Ländern außerhalb Rußlands konnten Sie bereits ausstellen? Wie waren die Reaktionen auf Ihre Arbeiten?

 

BRUSILOW: Ich habe viele Ausstellungen außerhalb Rußlands. Ich habe in Amerika, China, Deutschland, Frankreich, Ungarn und vielen anderen Ländern ausgestellt. Die Reaktion des Publikums war sehr positiv, und alle, welche die Ausstellung besuchten, waren von dem Fakt beeindruckt, daß in Rußland eine sehr hohe Schule realistischer Landschaftsmalerei lebendig geblieben ist.

 

ART-DEPESCHE: Beobachten Sie die zeitgenössische westliche Kunst?

 

BRUSILOW: Nein, für mich ist der eine und einzige Weg die Erhaltung der Traditionen der russischen Schule der realistischen Malerei. Für die moderne realistische Schule von Amerika, Italien, Spanien und vielen anderen Ländern habe ich Anerkennung und großen Respekt. Ich beobachte ihre Entwicklung und die bekannten westlichen realistischen Künstler genau, doch Rußland hatte stets seinen eigenen, anderen Weg der Kunst, und ich versuche, diesem exakt zu folgen.

 

ART-DEPESCHE: Bitte nennen Sie uns einige zeitgenössische russische Künstler, von denen Sie meinen, wir sollten sie kennen...

 

BRUSILOW: Paul Ryzhenko, Andrey Remnev, Andrey Gerasimov, Anton Stekolschikov, Jaroslav Zyablov, Oleg Molchanov, Evgeny Demakov [dies sind die englischen Umschriften – Anm. d. Red.]

 

ART-DEPESCHE: Ihre Pläne für 2018 …?

 

BRUSILOW: Meine Pläne für das neue Jahr sind die Vollendung der vielen begonnenen größten Landschaften und erzählerischen Arbeiten, den Unterricht an den Institutionen, wo ich seit 20 Jahren lehre, fortzusetzen und eine Menge zu reisen, da dies die Energie und Gefühle des Sehens gibt und für den Künstler sehr wichtig ist.

 

 

 

 

zur Person:

Stanislaw Brusilow wurde im Jahr 1976 in Moskau geboren. Von 1987 bis 1994 lernte er an der Moskauer Akademischen Kunstoberschule, wo er mit Ehren abschloß. Anschließend studierte er bis zum Jahr 2000 am Moskauer Staatlichen Akademischen Surikow-Institut bei Professor Zabelin. Im selben Jahr wurde er auch in die Moskauer Künstlervereinigung aufgenommen, 2013 wurde er zum Mitglied der Nationalen Kunstakademie gewählt, und seit 2015 ist er auch Mitglied in der Russischen Künstlervereinigung. Seit 2001 lehrt er selbst, unter anderem an der Russischen Kunstakademie. Brusilow erhielt zahlreiche bedeutende Auszeichnungen und stellt regelmäßig in Rußland und anderen Ländern aus.

  

Verweise:

https://brusilov.net/en/gallery.html

https://www.instagram.com/sbrusilov/?hl=de

https://www.saatchiart.com/account/artworks/1681902

https://brusilov.net/en/about.html

http://www.russianfineart.com/catalog/mfg.php?mfgid=161

http://www.artnet.de/künstler/stanislav-brusilov/biografie

https://nl.pinterest.com/artinfinitus/stanislav-brusilov/

https://artapentruoamenisimpli.com/index-2/stanislav-brusilov/

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