Berlin – In der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich die Akademie in München als Kunstschule internationalen Ranges etabliert und zog etliche Studenten aus dem Ausland an, denen Paris zu überlaufen war, darunter auch einige US-Amerikaner, welche später den Impressionismus in den USA salonfähig machen sollten. So auch der vielleicht bedeutendste amerikanische Impressionist, John Henry Twachtman.
Die Münchner Akademie war unter Carl Theodor von Piloty, Hermann Anschütz, Alexander Strähuber u.a. eine Hochburg der akademischen Historienmalerei. Die folgende Generation aber erst war es, welche, beeinflußt etwa von den französischen Realisten der Schule von Barbizon und Gustave Courbet, die sogenannte „Münchner Schule“ als wirklich eigenständige Stilrichtung der Malerei begründete (wobei der Begriff bisweilen auch für Piloty usw. verwendet wird).
Zentrale Figur war Wilhelm Leibl, welcher zum einen etwa 1871-73 den Mittelpunkt des „Leibl-Kreises“ (weitere bekannte Vertreter: Carl Schuch, Hans Thoma, Wilhelm Trübner, Otto Scholderer) und zudem stilprägend für die Münchner Schule war.
Letztere zeichnete sich, wie die französischen Vorbilder, durch einen realistischen bis naturalistischen Ansatz aus, wobei man im Gegensatz zur damals erst aufkommenden französischen Fortentwicklung des Realismus zum farbenfrohen und leichten Impressionismus hin in Anlehnung an alte Meister des Barock und ihr Chiaroscuro dezidiert erdige, ja düstere Farben wählte.
Auch mehrere Amerikaner studierten in jenen Jahren in München und gerieten unter Leibls Einfluß, namentlich Frank Duveneck, William Merritt Chase, Joseph Frank Currier und John Henry Twachtman.
Die Landschaften der Umgebung von München wurden zu beliebten Motiven für Twachtman und seine Freunde. Dabei war die Rezeption der Bilder in den USA nicht unbedingt positiv. So hieß es etwa, die Maler der Münchner Schule orientierten sich mit ihren düsteren Farben an Bildern des Barock, doch sei ein wesentlicher Teil davon, daß diese so dunkel erschienen, Schmutz und Alter zu verdanken. Ursprünglich seien sie viel heller gewesen, und es sei verfehlt, neue Bilder so dunkel zu malen.
Auch wurde die Verwendung des Begriffs „Realismus“ bemängelt: Tatsächlich stellten insbesondere Currier, aber auch Twachtman usw. die Natur nicht realistisch dar, sondern weit dunkler und trüber, als diese in Wirklichkeit sei. 1877/78 reisten Twachtman, Duveneck und Chase nach Venedig; auch die dort entstandenen Bilder (wie unser Titelbild) sind dem in München entwickelten Stil verpflichtet und stießen auf ähnliche Kritik.
Erst über den „Umweg“ der Begegnung mit der eher melancholischen Haager Schule der Freilichtmalerei in Holland und den eleganten Kompositionen James McNeill Whistlers entdeckte Twachtman später den Impressionismus für sich und wurde einer der führenden, vielleicht gar der bedeutendste Vertreter der Lichtmalerei in den USA.
Bemerkenswert ist dabei allerdings, daß Twachtman zu Lebzeiten zwar gewaltige Anerkennung seitens seiner Künstlerkollegen erfuhr, jedoch kommerziell vergleichsweise wenig Erfolg hatte und ihm erst posthum, nach seinem frühen Tod 1902, der Rang als einer der größten Künstler der amerikanischen Kunstgeschichte zugesprochen wurde.
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