Berlin – Mit einfühlsamen, bisweilen dramatischen historischen und religiösen Gemälden, Porträts und Genreszenen irgendwo zwischen Romantik und Realismus wurde Octave Tassaert in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem der Großen der französischen Malerei, welcher bereits zu Lebzeiten zahlreiche Bewunderer fand. Doch sein Leben endete unglücklich.
Die ursprünglich aus Flandern stammende Familie Tassaert hatte bereits einige Künstler hervorgebracht, als Nicolas François Octave Tassaert 1800 in Paris geboren wurde. Großvater Jean-Pierre-Antoine Tassaert (1727 – 1788) hatte in Berlin als Bildhauer Friedrich II. gedient und war Lehrer Johann Gottfried Schadows gewesen, Vater Jean-Joseph-François Tassaert (1765 – ca. 1835) brachte es als Graveur und Kunsthändler zu bescheidenem Erfolg.
Ersten Unterricht erhielt Octave von seinem Vater sowie dem älteren Bruder Paul, welcher ebenfalls als Graveur und Kunsthändler tätig war. Mit dem Bruder zusammen übte er sich in der Kunst des Holzstiches. 1816 war er zudem Gehilfe des Graveurs Alexis-François Girard.
In jener Zeit begann er auch, sich mit der Malerei zu befassen, und Anfang 1817 begann er sein Studium an der École des Beaux-Arts in Paris, wobei unter seinen Professoren auch der Neoklassizist Guillaume Guillon Lethière war.
In den Jahren 1823 und 1824 setzte er sich den Prix de Rome zum Ziel, scheiterte jedoch an diesem Anspruch, was den zartbesaiteten Künstler dermaßen mitnahm, daß er sich für mehrere Jahre von der Malerei ab- und der Gebrauchsgraphik zuwandte. Er schuf Holzstiche und zum Teil erotische Lithographien, illustrierte Bücher von namhaften Autoren wie Victor Hugo oder Alexandre Dumas dem Älteren.
Nach und nach begann er wieder mit der Malerei, wobei sich die oft dramatischen Gemälde gerne historischen, mythologischen und biblischen Themen widmeten, doch auch in der Gegenwart spielende Genreszenen entstanden. Der Ankauf des Gemäldes „Der Tod von Correggio“ durch den Herzog von Orléans 1834 wurde der erste größere Erfolg.
Als bleibend sollten sich vor allem seine gefühlvollen, wenn nicht gar sentimentalen bis melodramatischen Genrebilder erweisen, welche leidvolle Szenen aus dem Leben armer Leute zeigten, wie unser Titelbild von 1849, welches einen Doppelsuizid durch eine durch das Verbrennen von Holzkohle herbeigeführte Kohlenmonoxidvergiftung zeigt. Es waren derartige Bilder, welche ihm den Beinamen „Correggio des Dachgeschosses“ bescherten.
Seine Beiträge zur Weltausstellung von 1855 brachten ihm gute Kritiken ein, zeitgenössiche Künstler wie Eugène Delacroix oder Constant Troyon bewunderten ihn, Männer wie Alexandre Dumas der Jüngere sammelten seine Werke. Dennoch zog sich der scheue Künstler immer mehr ins Private zurück; nach dem Pariser Salon von 1857 verzichtete er auf weitere Ausstellungen.
Er verfiel dem Alkohol und hörte schließlich ganz mit der Malerei auf. 1863 verschleuderte er seine übrigen Bestände an den Kunsthändler Père Martin. Er versuchte sich als Dichter, doch ohne Erfolg, und von seinen Manuskripten ist kaum etwas erhalten; zudem verlor er, wohl durch den Konsum schlechten Alkohols, mit der Zeit sein Augentlicht. 1874 wählte er den Freitod, auf die in seinem bekannten Gemälde dargestellte Weise, welches somit zu seinem Menetekel geworden war …
Verweise:
https://www.clevelandart.org/art/2013.257
http://www.artnet.de/künstler/nicolas-françois-octave-tassaert/