Budapest – Wie angekündigt, möchten wir unseren Lesern nun auch das Haupthaus der Ungarischen Nationalgalerie in der Burg von Buda mit seiner Dauerausstellung vorstellen, wobei wir uns auf die Gemäldegalerie mit Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts beschränken möchten. Nun dann ...!
Die Burg von Buda erhebt sich auf dem Budaberg, idyllisch über der Donau gelegen. Auf den Berg kommt man zu Fuß, mit dem Bus, per PKW oder einer kleinen alten Standseilbahn – eine Attraktion für Familien. Nur bedingt für Familien geeignet ist hingegen die Sammlung der Nationalgalerie, denn man muß nicht nur ein grundsätzliches Interesse an Kunst, sondern angesichts des Umfangs auch etwas Zeit und Geduld mitbringen.
Drei Flügel des Burgpalastes über vier Etagen: Das ist viel zu sehen. Nur kurz erwähnt sei hier deshalb die Sammlung mit Grafiken ungarischer Künstler, auch auf den bemerkenswerten Saal mit den gotischen Altären gehen wir nicht weiter ein. Zur Sammlung zeitgenössischer ungarischer Kunst wiederum können wir nicht viel sagen: Sie ist derzeit (Mai 2023) wegen Umbaus geschlossen.
Nach Angaben des Museums selbst soll die Sammlung, welche ihren Ursprung in der Mitte des 19. Jahrhunderts gegründeten Nationalen Gemäldegalerie hat, 10.000 Werke ungarischer Künstler von 1800 bis 1945 umfassen. Die bedeutendsten dieser sind in der Nationalgalerie ausgestellt. Geplant ist aber, diese wie die internationale Kunst jener Epoche in einer noch nicht genau bestimmten Zukunft in einer „Neuen Nationalgalerie“ auszustellen.
Wir beginnen unseren Rundgang mit Salonmalerei, Klassizismus und Realismus des 19. Jahrhunderts, Strömungen, die es auch in der ungarischen Malerei gab, beispielhaft genannt seien hier Károly Lotz, Viktor Madarász, Bertalan Székely (der auch im Pariser Salon ausstellte) oder Sándor Wágner, welcher dem Münchner Künstlerkreis um Franz von Lenbach angehörte.
In der Zahl der Werke beschränkt, doch dafür exquisit ausgewählt sind Kunstwerke ausländischer Künstler ab 1800. Von den Franzosen dabei sind Paul Gauguin, Camille Pissarro, Maurice Denis, Puvis de Chavannes, Claude Monet, Paul Cézanne, Gustave Courbet, Eugène Delacroix, Camille Corot und Pierre-Auguste Renoir.
Unter den Deutschen und Deutsch-Österreichern sind Franz von Lenbach, Franz von Stuck, Adolph von Menzel, Wilhelm Leibl oder Carl Moll zu nennen. Auch der Belgier Fernand Khnopff oder der Finne Pekka Halonen sind dabei. Man darf gespannt sein, für welche Auswahl die künftige „Neue Nationalgalerie“ sich entscheiden wird.
Den Löwenanteil der Gemälde stellen jedoch die Großen der ungarischen Kunstgeschichte von Realismus bis früher Moderne, die mit zahlreichen und bedeutenden Werken vertreten sind; wir werden hier nur die wichtigsten erwähnen.
Da wäre vor allem Mihály von Munkácsy (1844–1900), dessen Bedeutung im ungarischen Realismus mit jener vergleichbar ist, welche in Deutschland Adolph von Menzel einnimmt. Im umfassenden und vielseitigen Werk dieses großen Meisters treffen sich Naturalismus und barocke Anleihen, wobei er im Vergleich zu Menzel deutlich mehr in Richtung Salonmalerei tendierte.
Kein Wunder, hatte er doch nicht nur starke Verbindungen zum Leibl-Kreis oder der Düsseldorfer Akademie, sondern stellte auch regelmäßig im Pariser Salon aus. Munkácsy brillierte bei Porträt und Genreszene ebenso wie bei Landschaft und Stilleben – schauen Sie sich einmal das „Stilleben mit Blumen und Krug“ von 1881 an!
Sein Mitstreiter László Paál (1846–1879) wird ebenfalls den Realisten zugerechnet. In seiner kurzen Lebensspanne schuf er ein wenig umfangreiches, doch bedeutsames Oeuvre, vornehmlich von zurückhaltenden Landschaften, welche Liebhaber der Schule von Barbizon, wo Paál selbst einige Jahre lebte, begeistern dürften.
Von den ungarischen Impressionisten sei Károly Ferencsy (1862–1917) exemplarisch angeführt. Dieser war stark von den französischen Freilichtmalern des Naturalismus und Impressionismus, doch auch von der Münchner Schule geprägt und war die treibende Kraft bei der Gründung der ungarischen Freilichtmalerkolonie in Nagybánya (Frauenbach, heute Baia Mare, Nordrumänien).
József Rippl-Rónai (1861–1927) wiederum sei stellvertretend als prägender und mit mehreren Werken vertretener Protagonist der angehenden Moderne angeführt. Er versuchte sich an recht verschiedenen Stilen des Spät- und Postimpressionismus und war Mitglied der französischen Symbolisten-Gruppe der Nabis, während sein Spätwerk eine Verwandtschaft zum Fauvismus und Expressionismus aufweist.
Natürlich haben auch zahlreiche andere Künstler wesentliche Beiträge zur ungarischen Kunstgeschichte geleistet und werden entsprechend in der Nationalgalerie präsentiert, genannt seien hier noch Hugo Scheiber, Izsák Perlmutter, Lajos Tihanyi, Károly Kernstok, László Mednyánszky, Bertalan Székely, János Vaszary, Adolf Fényes, Aladár Körösfői Kriesch und Pál Szinyei Merse.
Alles in allem: Sehr zu empfehlen! Die Ungarische Nationalgalerie befindet sich in den Räumlichkeiten des Burgpalastes auf dem Budaberg (1014 Budapest, Szent György tér 2.); geöffnet hat sie von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr; der Montag ist Schließtag.
Verweise:
https://en.mng.hu/collections/19th-and-20th-century-paintings/
https://visithungary.com/de/artikel/ungarische-nationalgalerie
https://art-depesche.info/verzaubert-im-museum-der-schonen-kunste-budapest