Ferch – Aufmerksamen Lesern der ART-DEPESCHE wird nicht entgangen sein, daß der Freilichtmaler Karl Hagemeister hier in höchsten Ehren gehalten wird. Außerhalb Deutschlands wenig, und auch in Deutschland eher lokal bekannt, hat er ein einzigartiges Oeuvre geschaffen, welches im internationalen Vergleich standhält. Das kleine brandenburgische Dorf Ferch am Schwielowsee zeigt noch bis zum 9. Juli 2023 eine Gedenkausstellung, welche wir natürlich besucht haben!
Das „Museum der Havelländischen Malerkolonie“ ist an sich bereits eine Erwähnung wert, denn das Gebäude ist ein altes „Kossätenhaus“, ein historisches Kleinbauernhaus, von hohem Reiz, und Ferch am Schwielowsee, etwa eine halbe Stunde von Potsdam gelegen, ist auch darüber hinaus lohnendes Ziel eines Tagesausflugs oder Kurzurlaubs.
Karl Hagemeister (1848-1933) kam im nahegelegenen Werder an der Havel zur Welt und starb auch dort, und sein ganzes Leben blieb er dem Havelland treu. Insbesondere der idyllische Schwielowsee spielt in seinem Werk eine große Rolle, und doch war Hagemeister vielleicht auch ein Heimatmaler, aber eben doch mehr, viel mehr, denn die heimische Landschaft wurde ihm zum Ausgangspunkt malerischer Großtaten, welche weit mehr waren als gefällige Darstellungen einer schönen Gegend.
Als Anlaß der aktuellen Ausstellung wurde der 90. Todestag des Künstlers gewählt, und nun wartet das Haus mit etwas über 20 Arbeiten aus eigenen Beständen und privaten Sammlungen auf, darunter sind 15 Ölgemälde sowie einige Zeichnungen und Pastelle.
Dabei werden seine beiden Hauptmotivgruppen, die Küstenlandschaft der Ostsee und die Gewässer und Wälder des Havellandes, abgedeckt. Hagemeisters Wurzeln im erdigen Realismus resp. Naturalismus werden in zwei Frühwerken, einem Jagdbild („Reh in Schneelandschaft“, 1881) sowie dem „Mädchen im Kornfeld“ (1886) aufgezeigt, wobei auch hier sich bereits in einigen ungewöhnlich breiten und kräftigen Pinselstrichen der spätere Weg des Künstlers abzeichnet.
Das Hauptwerk, welches Hagemeister unsterblich werden ließ, entstand jedoch Anfang des 20. Jahrhunderts. Von 1907-1914 reicht die Zeitspanne der in dieser Ausstellung gezeigten Arbeiten jener Schaffensphase, die von Versuchen in Richtung einer „reineren“ Malerei gekennzeichnet ist, wo die Wiedergabe des Äußeren zusehends einer Herangehensweise, die man als Versuch des „Erfassens der Essenz“ deuten könnte, weicht.
Ein Zitat Hagemeisters zu seinen meditativ wirkenden Bildern von Meereswellen, kleinsten und schon recht weit abstrahierten Landschaftsausschnitten, mag als Hinweis darauf verstanden werden: „Ich will das Meer ohne Zierrat geben, sondern vielmehr wie es ist, als ein Stück Kosmos.“
Was also bleibt mehr als eine Empfehlung, sich dieses herausragende (und ansprechend präsentierte) Stück Malereigeschichte zu Gemüte zu führen? Doch, wie gesagt, es liegt etwas außerhalb Potsdams, und viel ist es nicht, weshalb angeraten ist, dies mit einem Besuch anderer Sehenswürdigkeiten der Gegend oder einer schönen Wanderung zu verbinden.
Das Museum der Havelländischen Malerkolonie befindet sich in der Beelitzer Str. 1 / Ecke Dorfstraße in 14548 Gemeinde Schwielowsee, Ortsteil Ferch. Geöffnet hat es von Mai bis Oktober Donnerstag bis Sonntag 12.00 bis 16.00 Uhr sowie von November bis April Sonabend und Sonntag 12.00 bis 16.00 Uhr. Der Eintritt kostet regulär 3,– Euro.
Verweise:
https://havellaendische-malerkolonie.de/austellungen/karl-hagemeister/
https://art-depesche.info/hagemeister-und-die-gegenwart-begegnung-im-brohan-museum
https://art-depesche.info/gluckwunsch-potsdam-museum-erwirbt-gemalde-von-karl-hagemeister