Werner Heldt „Nächtliche Regenstraße“ (Öl auf Leinwand, 1928, Galerie Brusberg)
Werner Heldt „Nächtliche Regenstraße“ (Öl auf Leinwand, 1928, Galerie Brusberg)


Berlin – Unter dem Titel „100 Jahre Held(t)en: Werner Heldt und Burkhard Held“ hat das Kunstforum der Berliner Volksbank in Berlin-Charlottenburg Werke zweier recht unterschiedlicher Künstler in einer Schau zusammengetragen. Diese soll noch bis zum 16. Juni 2024 zu sehen sein. Die ART-DEPESCHE hat einen Blick hinein gewagt …

 

Werner Heldt war ohne Frage ein herausragender Künstler der klassischen Moderne in Deutschland. Waren seine frühesten Arbeiten aus den 1920er Jahren noch etwas wie ein Geheimtip im Bereich der Neuen Sachlichkeit, wurde er in der frühen Nachkriegszeit zu einem der bedeutendsten und originellsten Künstler jener Jahre.

 

Heldt war 1904 in Berlin zur Welt gekommen und studierte von 1922 bis 1924 an der Kunstgewerbeschule, später an der Akademie der Künste in Charlottenburg. Eindrücke Berlins waren von Anbeginn sein Schwerpunktthema, weshalb er bisweilen auch als der „Maurice Utrillo Berlins“ gehandelt wurde – angesichts der hohen Eigenständigkeit nur sehr bedingt passend.

 

Der kleingeistigen Atmosphäre der NS-Jahre versuchte er sich 1936 durch Auswanderung nach Mallorca zu entziehen, wurde jedoch 1940 als Soldat eingezogen; das Kriegsende verbrachte er in britischer Gefangenschaft. Er lebte bis 1949 in Berlin-Weißensee, die letzten Lebensjahre bis 1954 dann in Westberlin. Er starb 1954 auf der italienischen Insel Ischia, wo er unter anderem eine Freundschaft mit dem Malerkollegen Werner Gilles gepflegt hatte.

 

Der zweite Künstler in der Ausstellung, Burkhard Held, ist mit ihm nicht verwandt, und da er bereits im Jahr vor dessen Tod (nämlich 1953, in Berlin-West) zur Welt kam, dürften auch Versuche, ihn für die Reinkarnation des Älteren zu halten, in die Irre führen.

 

Held studierte jedenfalls von 1972 bis 1978 an der Hochschule der Künste in Westberlin, und von 1979 bis 1980 hielt er sich dank eines Stipendiums der Studienstiftung des Deutschen Volkes zu Studienzwecken in Garrucha (Spanien) auf. Ab 1993 bis zu seiner Emeritierung war er Professor an der Universität der Künste Berlin. In eben dieser Stadt lebt und arbeitet er auch weiterhin.

 

Auf zwei Etagen wurden nun die Arbeiten der Künstler einander gegenübergestellt. Von Werner Heldt finden sich dabei Handzeichnungen und Druckgrafiken ebenso wie Ölgemälde. Besonders sei auf zwei Leihgaben der Galerie Brusberg hingewiesen, die atmosphärischen Frühwerke „Rummelplatz“ (1926) sowie „Nächtliche Regenstraße“ (1928). „Klosterkirche“ (1928/29) wiederum läßt mit seiner magischen Verlorenheit an Giorgio de Chirico denken …

 

Der Teil seines Werkes, mit welchem Heldt endgültig Kunstgeschichte schrieb, entstand jedoch in seinen letzten Lebensjahren. Heldt blieb thematisch vornehmlich bei Berlin, doch nun erschien die Perspektive verfremdet, Architektur kontrolliert gebogen; Trümmer bilden einen Lavastrom, der sich zäh durch die Stadt ergießt. Aus dieser Zeit und speziell von dieser Werkgruppe, welche er als „Berlin am Meer“ bezeichnete, ist Einiges zu sehen. Ganz starkes Material!

 

Burkhard Held wiederum ist mit Handzeichnungen und Gemälden im Programm, von der kleinen Skizze bis zu den zwei Großgemälden „Oceano II + IV“, welche (bewußt oder unbewußt) in der Tradition der Meeresbilder Karl Hagemeisters gesehen werden können. Ansonsten gibt es recht „wilde“ Zeichnungen und Gemälde von Figuren und Köpfen, neoexpressionistisch, wenn man so will.

 

Wo sind nun die Berührungspunkte zwischen Heldt und Held? Dies ist gar nicht so leicht festzustellen. Beide haben bisweilen Berliner Fensterbilder, bei beiden ist Kunst (auch) Innenschau. Während Heldt jedoch selbst in seinen Bildern des in Trümmern liegenden Berlins seine Kraft sehr kontrolliert einsetzt, läßt der jüngere Künstler seiner Energie recht freien Lauf.

 

Ginge es wirklich um stilistische und atmosphärische Verwandtschaft, wäre als Gegenwartskünstler der auch in den Beständen des Kunstforums vertretene Rainer Fetting zumindest mit seinen Ansichten Berlins vielleicht näher an Werner Heldt gewesen – aber was soll's: Gönnen wir dem Ausstellungshaus das kleine Wortspiel mit dem doppelten „Held(t)entum“.

 

Es spricht jedenfalls nichts dagegen, einmal reinzuschauen. Ihren Schreiberling animierten insbesondere die selten gezeigten Frühwerke Werner Heldts zu ausgiebiger Betrachtung. Die Stiftung Kunstforum der Berliner Volksbank hat ihre Ausstellungsräume am Kaiserdamm 105 in 14057 Berlin; diese haben von Dienstag bis Sonntag jeweils 10–18 Uhr geöffnet; der Eintritt kostet regulär 5,–, ermäßigt 3,– Euro. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren haben freien Eintritt.


 

Verweise:

https://kunstforum.berlin/ausstellung/100-jahre-heldten/

https://galerie-brusberg.de/artist/werner-heldt/

https://art-depesche.info/alt-und-neu-expressionistisches-im-kunstforum-der-berliner-volksbank

x